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Das meistgeh\u00f6rte Vorurteil gegen die Juristerei ist, dass sie trocken sei.<\/p>\n <\/p>\n Ich aber sage euch: sie ist saftiger als das „Riesige Riesenschnitzel“, mit dem Holgi mir den Mund gern mal w\u00e4ssrig macht, wenn weit und breit von Schnitzeln nicht die Rede sein kann. Aber dahinter verbirgt sich der Sirius-Fall<\/a>.<\/p>\n Es trug sich also zu im Jahre meiner Geburt, da lernte ein M\u00e4dchen einen Jungen kennen. Der Begriff der platonischen Liebe hat heutzutage eine leichte Entwertung dadurch erfahren, dass G\u00e4ste von Nachmittagtalkshows ihre Beziehungen zu Menschen als platonisch bezeichnen, wenn sie sagen wollen: In stundenlangen Gespr\u00e4chen tauschten sie sich \u00fcber Philosphie und Psychologie, Erdstrahlung und Kl\u00f6ppelstickerei aus. Als er ihr im Rahmen eines ausufernden Telefonats am fr\u00fchen Abend eins Sp\u00e4tsommertages offenbarte, dass William Patrick Hitler<\/a> der Pate Rudi Dutschkes sei und in anderem Zusammenhang den baldigen Zerfall der Sowjetunion vorhersagte, konnte das M\u00e4dchen nicht mehr an sich halten: „Ich komme vom Planeten Sirius. Ich muss jetzt allerdings weg, morgen erz\u00e4hle ich dir mehr.“<\/p>\n Das M\u00e4dchen war hoch erfreut und sehr stolz darauf, einen Freund von einem anderen Planeten zu haben, ihre Wangen gl\u00fchten noch des N\u00e4chtens so hell, dass sie einen Waschlappen drauflegen musste, weil es sonst im Zimmer nicht dunkel genug zum Schlafen gewesen w\u00e4re.<\/p>\n An dieser Stelle m\u00f6chte ich erw\u00e4hnen, dass das M\u00e4dchen sich strahlendster geistiger Gesundheit erfreute: Sie war nicht depressiv, nicht manisch, war weder am Borderline-Syndrom erkrankt noch nahm sie Drogen, Nahrung aber regelm\u00e4\u00dfig zu sich und behielt diese auch im K\u00f6rper, ja nicht einmal unter einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom litt sie.<\/p>\n Den ganzen folgenden Tag verbrachte sie in aufgeregter Erwartung des n\u00e4chsten Gespr\u00e4chs. Dann w\u00e4hlte sie selber die Nummer ihres Freundes vom Sirius und platzte sofort los: „Nun, so einfach ist das nicht“, hob der junge Mann an. Es gelang ihr tats\u00e4chlich, den Kredit zu erhalten und 30.000 Mark sp\u00e4ter war sie in einer h\u00f6heren Bewusstseinsstufe.<\/p>\n „Pr\u00e4chtig“, sagte ihr Freund und schaute dabei auf seine nagelneue Tag Heuer. Die junge Frau schloss die Versicherung ab, setzte den sirianischen Freund als Beg\u00fcnstigten ein und sich selbst in die Badewanne.<\/p>\n Sie dachte noch einmal an die Mirabellenmarmelade ihrer Mutter und an die gem\u00fctlichen, aber doch recht eint\u00f6nigen Abende mit dem „Schaukelstuhl“, der Sendung f\u00fcr \u00e4ltere Menschen von der ARD. Sie wickelte sich in ihr Badetuch und fragte den Freund um Rat. Hatte der Freund nun lediglich am Versuch einer Selbstt\u00f6tung teilgenommen? Dann h\u00e4tte er sich keiner Straftat schuldig gemacht. Der BGH hat sich f\u00fcr den Mordversuch entschieden. Foto \u00a9 jpstanley Das meistgeh\u00f6rte Vorurteil gegen die Juristerei ist, dass sie trocken sei.<\/p>\n","protected":false},"author":11,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[46],"tags":[],"class_list":["post-3597","post","type-post","status-publish","format-standard","hentry","category-positionen"],"_links":{"self":[{"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3597"}],"collection":[{"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/users\/11"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=3597"}],"version-history":[{"count":0,"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3597\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=3597"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=3597"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"http:\/\/www.spreeblick.com\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=3597"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
\nFoto \u00a9 jpstanley<\/a><\/p>\n
\nTrocken ist nur die erste Anmutung:
\nDie „Abgrenzung der straflosen Teilnahme am erfolglosen Versuch einer eigenverantwortlichen Selbstt\u00f6tung von der strafbaren T\u00f6tung in mittelbarer T\u00e4terschaft“ klingt nach einer Materie, die die Zunge pelzig werden l\u00e4sst.<\/p>\n
\nDas Gericht bezeichnete das Verh\u00e4ltnis der beiden sp\u00e4ter als „zumeist wohl eher platonisch“. <\/p>\n
\n„Geknallt habe ich die Alte nicht.“
\nDiese beiden aber, die waren, obwohl sie das ein oder andere Mal den Verlockungen des Fleisches erlagen, geistig einander sehr nah.<\/p>\n
\nEines Tages machte sich der Junge einen Spa\u00df daraus zu behaupten, Darwin habe die Arbeiten an der Evolutionstheorie nicht vollendet, weil er sich die Klitoris nicht habe erkl\u00e4ren k\u00f6nnen.
\nDas M\u00e4dchen war wie immer tief beeindruckt vom Wissen des jungen Mannes.
\nImmer h\u00e4ufiger trieb der Junge von da an dieses Spiel: Mal erw\u00e4hnte er, dass Karl Marx zusammen mit Jules Verne eine kleine Science-Fiction-Buchhandlung in Paris betrieben habe, mal raunte er, mit dem Sturz Allendes habe wohl die CIA zu tun.<\/p>\n
\n„Woher wei\u00dft du das alles nur?“, fragte sie mit einem begeisterten Seufzer.
\nEr z\u00f6gerte einen Moment, atmete h\u00f6rbar in die Muschel und sagte schlie\u00dflich, dass sein \u00fcberlegenes Wissen nicht irdischer Natur sei.<\/p>\n
\nDirekt nach der Sendung „Schaukelstuhl“, die sie gern sah, obwohl diese von der ARD f\u00fcr \u00e4ltere Menschen konzipiert wurde und sie selbst erst 22 Jahre alt war, st\u00fcrzte sie beim ersten Zirpen des Klingeltons zum Telefon, um mehr \u00fcber die au\u00dferirdische Herkunft ihres Seelenfreundes zu erfahren.
\nAber es war nur ihre Mutter, die wissen wollte, wie die Mirabellenmarmelade geschmeckt hatte.
\nObwohl sonst ihrer Mutter innig zugetan, strangulierte sie das Gespr\u00e4ch wie Hans Clarin in der Edgar-Wallace-Verfilmung Das indische Tuch<\/a> seine Opfer.<\/p>\n
\n„Erz\u00e4hl mir mehr! Was machst du hier, gehst du zur\u00fcck, kannst du mich mitnehmen, braucht man da eine Schutzimpfung, wird man an der Grenze schikaniert?“
\nIhr Freund lachte gutm\u00fctig:
\n„Ruhig, meine kleine Erdenfreundin, eins nach dem anderen.
\nWir Sirianer sind eine dem Menschen weit \u00fcberlegene Rasse. Ich bin vom Sirianischen Hohen Rat ausgesandt, um auf der Erde nach hochwertigen Seelen zu suchen, die ich mitnehmen kann.“
\n„Oh ja, bitte, nimm mich mit!“ bettelte sie und fragte sich im Stillen, ob man auf dem Sirius wohl wert darauf legte, dass die Bikinizone rasiert sei, denn in diesem Sommer hatten die Bikinis die Leistengegend bedeckt und so hatte sie die Rasur schleifen lassen.<\/p>\n
\n„Es gibt da allerdings eine M\u00f6glichkeit …“
\n„Und was?“ Ihre Stimme \u00fcberschlug sich fast.
\n„Zuf\u00e4llig bin ich bekannt mit dem M\u00f6nch Uliko, der dich, wenn er im Zustand der totalen Meditation ist, in einen h\u00f6heren Bewusstseinszustand versetzen kann. Es gibt da allerdings ein kleines Problem.“
\n„Och! Was denn?“ fragte sie \u00e4ngstlich.
\n„Na ja, wenn Uliko im Zustand der totalen Meditation ist, kann er selbstverst\u00e4ndlich nicht arbeiten. Deshalb besteht sein Kloster darauf, dass man eine geringe Entsch\u00e4digung bezahlt.“
\n„Aber das ist doch gar kein Problem.“ Die junge Frau schlug sich begeistert auf den Schenkel.
\nNormalerweise h\u00e4tte sie in die H\u00e4nde geklatscht, aber in der einen Hand hielt sie ja nun einmal den H\u00f6rer.
\n„Nein, so schlimm ist das nicht, immerhin geht es um eine einmalige Gelegenheit. Da sollten 30.000 Mark keine Rolle spielen.“
\nDas M\u00e4dchen schluckte.
\n„30.000 Mark?“
\n„Du hast doch einen Onkel, der bei der Bank arbeitet und die kleine Erbschaft deiner Oma. Damit bekommst du leicht einen Kredit.“
\n„Ja, mein Vetter arbeitet bei der Bank.“ Kurz streifte sie der Gedanke, warum er vergessen hatte, dass ihr Onkel Tierarzt war, obwohl sie ihm so oft erz\u00e4hlt hatte, wie sie als Kind in den Ferien in der Praxis mitgeholfen hatte. Aber so ein Sirianer auf gro\u00dfer Mission hatte wohl einfach viel um die Ohren.<\/p>\n
\n„Der erste Schritt ist getan.“
\n„Was denn noch? Ich will dahiiin“, quengelte das M\u00e4dchen.
\n„In deinem jetzigen, dem alten K\u00f6rper sind noch zu viele Partikel deiner alten, irdischen Seele. Im Detail ist das zu kompliziert zu erkl\u00e4ren, verk\u00fcrzt gesagt: Du musst den K\u00f6rper wechseln.“
\nDas M\u00e4dchen zog mit ihrem Zeigefinger an der Unterlippe.
\n„Und wie macht man das?“
\n„Du kannst froh sein, dass du mich hast. Ich habe n\u00e4mlich schon vorgesorgt.“ Er senkte die Stimme.
\n„In einem roten Raum am Genfer See wartet der K\u00f6rper einer toten K\u00fcnstlerin auf dich.
\nEr ist sozusagen reisetauglicher. Du solltest allerdings bedenken, dass du auch mit dem neuen K\u00f6rper Geld ben\u00f6tigst.“
\n Er schaute nachdenklich.
\n„Aber auch da gibt es eine L\u00f6sung: Du schlie\u00dft einfach eine Lebensversicherung ab. Zahl doch einfach soviel ein, dass du im Todesfall 250.000 DM erh\u00e4lst.“
\n„Aber ich bin dann doch tot.“ Das M\u00e4dchen konnte nicht so ganz folgen.
\n„Dummerchen!“ Der Mann sch\u00fcttelte milde tadelnd den Kopf.
\n„Setz\u00c2\u00b4einfach mich als Beg\u00fcnstigten ein, ich gebe dir dann das Geld, wenn du in deinem neuen K\u00f6rper bist.“
\nDas M\u00e4dchen war ganz seelig, dass es einen so weisen Freund hatte.
\n„Und wei\u00dft du, was noch besser w\u00e4re? Wenn du deinen \u00dcbergang in eine neue Existenz als Unfall in Szene setzen w\u00fcrdest, k\u00f6nntest du sogar \u00fcber 500.000 DM verf\u00fcgen. Am besten, du tust so, als sei dir ein F\u00f6hn in die Wanne gefallen.“<\/p>\n
\nSie nahm den F\u00f6hn aus der Halterung, knipste ihn an, stellte sich die immergr\u00fcnen Wiesen des Planeten Sirius vor und lie\u00df den F\u00f6hn in das Badewasser gleiten.
\nAls sie die Augen wieder \u00f6ffnete, sa\u00df sie immer noch in der Badewanne, der F\u00f6hn hatte den Geist aufgegeben, ihr Geist aber war immer noch im aus der Mode gekommenen K\u00f6rper.<\/p>\n
\nDer Freund war ganz unsirianisch verwirrt, riet ihr zun\u00e4chst, den Fernseher an die Badewanne zu stellen, der aber erwies sich als zu gro\u00df, den Toaster verwarfen sie wieder, weil der die Ermittler h\u00e4tte misstrauisch werden lassen k\u00f6nnen.
\nSie telefonierten noch zehn Mal miteinander, schlie\u00dflich beendete der Sirianer mit einem Fluch, der nach irdischen Ma\u00dfst\u00e4ben gottesl\u00e4sterlich war, die Versuchsreihe.<\/p>\n
\nOder hat er versucht die Frau zu ermorden, wobei er sie selbst als Tatwerkzeug einsetzte?<\/p>\n
\nDie Wanne war \u00fcbrigens vorschriftswidrig <\/a> nicht geerdet<\/a>.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"